Wahlunterricht Theater
Gute Schulen machen wenig Theater — sie spielen Theater!
Seit über 30 Jahren gibt es an der Staatlichen Realschule Lindau eine ständige Theatergruppe. Diese trifft sich einmal wöchentlich in einer Doppelstunde (90 Minuten) am Nachmittag, um gemeinsam ein Theaterstück zu entwickeln. Ziel ist es, am Ende des Schuljahres etwas präsentieren zu können, was man den Mitschülern, Lehrern und nach Möglichkeit auch den Eltern vorführen kann.
Die Realitäten an einer Schule bringen es mit sich, dass zu Beginn des Schuljahres die Theatergruppe aus erfahrenen Spielern und auch aus "Neulingen" ohne Bühnenerfahrung besteht. Es dauert erfahrungsgemäß daher immer etwas, bis aus einer Handvoll Individuen eine homogene Gruppe wird, in der man sich vertraut. Theaterspielen verlangt nämlich immer wieder von einem, über seinen Schatten zu springen, sich auch mal zu überwinden:
- Da die Theatergruppe schulartbedingt ja meist ausschließlich aus männlichen Spielern besteht, könnte es nämlich zum Beispiel sein, dass jemand eine weibliche Rolle übernehmen muss.
- Mancher Schüler erkennt, dass Theaterspielen nicht immer nur lockeres Vergnügen, sondern bisweilen auch harte Arbeit sein kann. So erfordert es beispielsweise eine Menge Disziplin und Körperbeherrschung, auf der Bühne eben nicht nur Quatsch zu machen, sondern genau nach Anweisung eine Rolle zu spielen - ohne dabei aus der Rolle zu fallen!
Sobald alle dieses Prinzip verstanden und die Grundlagen verinnerlicht haben, kann man sich an die nächsten Schritte wagen: ein Stück auswählen und daraus etwas Eigenes machen oder gleich selbst etwas Neues entwickeln. Dabei gilt es die Gegebenheiten, also beispielsweise die Gruppengröße, aber auch Alter, Größe und Erfahrung der einzelnen Schüler, zu berücksichtigen, damit jeder die passende Rolle für sich findet. In der heißen Phase gegen Ende des Schuljahres kann es dann auch mal vorkommen, dass Extra-Proben am Freitagnachmittag oder Probennächte in der Schule von Nöten sind, damit man es dann zu guter Letzt guten Gewissens heißen kann: Rauf auf die Bretter, die die Welt bedeuten könnten, und "Vorhang auf!"
Schultheater vermittelt auf spielerische Art und Weise Kompetenzen, die nicht nur im Schulalltag, sondern auch später einmal äußerst wichtig sind. Es wird die innere Beteiligung geweckt, die soziale Wahrnehmung geschult, sowie kreative Konfliktlösung, Einfühlungsvermögen und Improvisationstalent trainiert. Ängste werden überwunden, Gefühle zum Ausdruck gebracht, Körperbeherrschung geübt und das Selbstbewusstsein gestärkt - denn um sich auf die Bühne zu wagen, muss man zu sich, seinem Körper und seinen eigenen, individuellen Besonderheiten stehen. Und was kann eine bessere Voraussetzung für das Leben sein, als ein gesundes Selbstvertrauen?
Johannes Jantos, Spielleiter